Am 05.05.2023 wurde im Amtsblatt der Europäischen Union die Verordnung (EU) 2023/915 über Höchstgehalte für bestimmte Kontaminanten in Lebensmitteln bekannt gemacht. Die Kommission hat sich entschieden, eine gänzlich neue Verordnung zu erlassen und die Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 aufzuheben. Die bisher geltende Verordnung wurde bereits mehrfach angepasst.
Im Rahmen der Überarbeitung wurden die bisherigen Inhalte der Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 übernommen. Daher sieht beispielsweise Art. 2 der Verordnung (EU) 2023/915 wie bisher ein Inverkehrbringungs- und Verwendungsverbot für Lebensmittel vor, die die in Anhang I der Verordnung festgelegten Höchstgehalte z.B. von Schwermetallen, Mykotoxine oder PFAS überschreiten.
Auch das Vermischungsverbot, d.h. ein Verdünnen von belasteter mit nicht-belasteter Ware, bleibt weiterhin bestehen. Jedoch wird nunmehr ausdrücklich hervorgehoben, dass die im Anhang I aufgelisteten Höchstgehalte, sofern darin nichts anderes geregelt ist, ausschließlich für in Verkehr gebrachte Lebensmittel und den essbaren Anteil der jeweiligen Lebensmittel gelten.
Neu geschaffen wurde zudem ein Art. 3, der spezifische Regelungen für getrocknete, verdünnte, verarbeitete und zusammengesetzte Lebensmittel enthält. Dieser bestimmt, dass für den Fall, dass in dem Anhang I der Verordnung keine spezifischen Höchstgehalte für diese Lebensmittel (d. h. aus mehr als einer Zutat bestehende Lebensmittel) festgelegt sind, bei der Beurteilung der Einhaltung der Höchstgehalte bestimmte Umstände zu berücksichtigen sind. Hierbei handelt es sich um
- Veränderungen in der Konzentration des Kontaminanten durch ein Trocknungs- oder Verdünnungsverfahren,
- Veränderung in der Konzentration des Kontaminanten durch eine Verarbeitung,
- die relativen Anteile der Zutaten im Erzeugnis sowie
- die analytische Bestimmungsgrenze des Stoffes.
Weiterhin sieht die Vorschrift vor, dass der Lebensmittelunternehmer dazu verpflichtet ist, bei Kontrollen durch die zuständigen Behörden entsprechende Konzentrations-, Verdünnungs- oder Verarbeitungsfaktoren etc. der Behörde mitzuteilen und diese zu begründen.
Sofern der Lebensmittelunternehmer die entsprechenden Faktoren nicht mitteilt oder deren Begründung nach Auffassung der zuständigen Behörde als ungeeignet anzusehen ist, legt die zuständige Behörde den entsprechenden Faktor auf der Grundlage der verfügbaren Informationen mit dem Ziel, einen größtmöglichen Schutz der menschlichen Gesundheit zu erreichen, selbst fest. Hierbei kann ein Rückgriff auf die Verarbeitungsfaktoren aus der Datenbank der EFSA, dem BfR oder anderer anerkannter Quellen erfolgen.
Der neue Art. 3 der Verordnung stellt eine Besonderheit dar, weil nunmehr erstmalig konkrete Vorgaben für die Prüfung von verarbeiteten und zusammengesetzten Erzeugnissen erfolgen. Die Prüfkaskade entspricht im Ergebnis derjenigen, die bereits bei der Kontrolle von entsprechenden Erzeugnissen im Rahmen des Art. 20 der VO (EG) Nr. 396/2005 erfolgt und beispielsweise in der rechtsunverbindlichen „Information note on Article 20 of Regulation (EC) No 396/2005“ erläutert wird.
Der neue Art. 3 verdeutlicht einmal mehr, dass Unternehmen sich darum bemühen sollten, etwaige für ihre Produkte geltenden Verarbeitungsfaktoren etc. zu ermitteln und mit ggf. weiteren Daten zu hinterlegen, um etwaigen Beanstandungen vorzubeugen und auch für eventuelle Krisenfälle gewappnet zu sein.
Die Verordnung trat am 25.05.2023 in Kraft.
Quelle: https://www.cibus-recht.de/neue-kontaminanten-verordnung-eu-2023-915/ (verändert)